Ein Entwicklungsprozess einer Organisation kann an unterschiedlichen Stellen ansetzen, wird aber letztendlich immer alle Bereiche der Organisation betreffen oder zumindest tangieren. Von diesem Ansatz ausgehend befindet sich die Organisation eigentlich in einer ständigen Entwicklung, die in einem Auflösen bestehender Formen, in einer Entwicklung und in einem Installieren neuer Formen besteht, wobei in unterschiedlichen Bereichen gleichzeitig neben einander unterschiedliche Entwicklungszustände zwischen Auflösen, Verändern und wieder Befestigen bestehen.
Ziel der Entwicklungsbegleitung ist, durch Schulung der Steuerungsgruppe und der verschiedenen Beteiligten die Fähigkeiten zur Entwicklung innerhalb der Organisation soweit einzuführen, zu verankern und zu üben, dass die externe Begleitung schrittweise überflüssig wird, weil verschiedene Menschen in der Organisation die für die Gestaltung und Steuerung der Veränderungsprozesse notwendigen Fähigkeiten erworben haben.
Mein spezieller Ansatz von Entwicklungsbegleitung geht davon aus, dass ich immer an den Stellen ansetze, an denen die Menschen in der Organisation selbst einen aktuellen Veränderungsbedarf spüren und wofür sie einen Veränderungswillen haben. Es ist also eine themenorientierte, in der Regel induktive Vorgehensweise. Dadurch ergibt sich kein stringentes Modell einer Organisationsentwicklung, das verschiedene Schritte und Ergebnisse von vorneherein vorgibt, sondern ein am Leben der Organisation orientiertes Vorgehen, was an unterschiedlichen Stellen gleichzeitig ansetzt und durchaus diskontinuierlich verlaufen kann mit Phasen der Beschleunigung und Phasen der Stagnation, die jedoch bewusst gegriffen und gestaltet werden sollen.
Die Gefahr bei diesem Vorgehen besteht vor allem darin, dass die Steuerungsgruppe das Management der Veränderung nur ungenügend ergreift. Die häufigsten Fehler sind dabei:
- zu wenig Hilfestellung bei den ersten Schritten der Projektgruppen, vor allem in der Planung und bei den Methoden für die Diagnose und die Soll-Entwürfe, so dass diese Schritte entweder zu lange dauern oder sogar misslingen
- zu wenig Koordination der verschiedenen Projektgruppen und Teilprozesse, so dass es einerseits Überschneidungen und andererseits Löcher gibt
- unzureichende Information über den OE-Prozess unter den Beteiligten und im Gesamtsystem, was zu einer Isolierung der Projektgruppen als „Veränderungsinseln“ führt und damit verbunden zu Motivationsverlusten bei den Aktiven.
Diese Vorgehensweise ist auch stärker als der Expertenansatz oder gar der Machtansatz dadurch bedroht, dass die Mächtigen in der Organisation, vor allem aber auch die Inhaber der informellen Macht, in der Veränderung eine Gefahr sehen und mit vielfältigen Mechanismen und mit verborgenen oder offenen Strategien die OE behindern, unterhöhlen oder bekämpfen. Das geht vom passiven Widerstand über ständiges Infragestellen und Anforderung von Ergebnissen bis zur Diffamierung und zur Verweigerung der finanziellen Mittel.