Sind Sie hochsensibel? Eine ganze Reihe von Fragen:
Eine Erkundung einer weitgehend unbekannten und verkannten Begabung
* Der besseren Lesbarkeit halber wird das generische Maskulin gewählt, es sind damit jedoch immer alle Geschlechter gleichermaßen gemeint!
Kennen Sie solche Bemerkungen? Solche Phänomene?
Haben Sie im Laufe Ihres Lebens oft – oder vielleicht sogar wie ich unzählige Male – Sätze zu hören bekommen wie: „Was ist denn mit Dir los?“, „Sei doch nicht so empfindlich!“, „Stell‘ Dich doch nicht so an!“, „Nimm Dir doch nicht alles so zu Herzen!“, „Musst Du es denn immer so kompliziert machen?“, „Du überreagierst!“, „Sei doch endlich mal still!“, „Kannst Du nicht ruhig sitzen?“ „Hör doch endlich auf!“ „Du bist viel zu schnell!“ „Stell‘ doch nicht so hohe Ansprüche!“ und vieles ähnliches mehr?
Nehmen Sie sehr viel um sich herum wahr? Können Sie sofort die Stimmung bei anderen Menschenspüren? Wissen Sie tendenziell schon vorher, was jemand sagen will?
Sind Sie sehr schnell? Arbeiten Sie deutlich mehr und intensiver als andere Menschen? Ein gewisser guter (Eu-)Stress beflügelt Sie zu hohen Leistungen. Haben Sie hohe Ansprüche an sich selbst? Gehen Sie in bestimmten Tätigkeiten ganz auf und erleben einen Flow?
Halten Sie Unwahrhaftigkeit um sich herum nur schwer aus? Können Sie das Leid anderer nur schwer ertragen? Ist Ungerechtigkeit für Sie schwer erträglich und setzen Sie sich für Gerechtigkeit ein? Fühlen Sie sich bei Hilfsbedürftigkeit sofort angesprochen zu helfen?
Aber– kennen Sie vielleicht auch das? Unter zu hoher Belastung von außen geht gar nichts mehr richtig. Ich bin leicht abgelenkt. Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren. Ich springe von einer Sache zur anderen. Viele Menschen um mich herum strengen mich an. Starker Lärm, grelles Licht, starke Gerüche, kratzige Kleidung… machen mir zu schaffen.
Oder gehören Sie vielleicht zu den Menschen, die damit leben, dass sie sehr schnell erschöpfen, dass ihnen alles gleich zu viel wird, sie dann manchmal sogar gereizt und unverträglich werden? Sind Sie ziemlich damit beschäftigt, im Alltag zu überleben, weil Sie eigentlich alles schon zu sehr anstrengt, obwohl Sie doch eigentlich gerne etwas tun wollen? Sind Sie dadurch immer wieder auf sich zurückgeworfen und hadern mit Ihrem Schicksal, weil anderen offensichtlich alles so viel leichter von der Hand geht? Oder …oder…oder…
Oder sind Sie jemand von denen, die gelernt haben, sich gut zu schützen, damit sie nicht in solche (oben beschriebenen) Situationen kommen? Sorgen Sie dafür, dass sie möglichst immer alles im Griff haben? Haben Sie sich vielleicht schon früh gegen die Einflüsse von außen so abgeschirmt, so „gepanzert“, dass Sie vieles gar nicht mehr an sich heranlassen (können)? Halten Sie innerlich so viel Abstand, sind Sie so distanziert, dass Ihnen so etwas nicht mehr zu nahe kommen kann? Vielleicht sind Sie aber auch das schon so gewöhnt, dass Sie es gar nicht mehr bemerken? Haben Sie sich vielleicht auch schon äußerlich eine Schutzhülle zugelegt, obwohl sie eigentlich einmal ganz schlank waren? Oder...oder…oder
Was liegt dem zugrunde?
Falls Sie etwas davon kennen, lohnt es sich für Sie, hier weiterzulesen, auch wenn es ziemlich viel ist, und sich näher damit zu beschäftigen, was da eigentlich vorliegt. Sie merken, dass das sehr unterschiedliche Lebensmuster/Ausprägungen/Typen sind bzw. sein können. Es gibt Ihnen vielleicht die Möglichkeit, einiges besser zu verstehen, was Ihre besonderen Möglichkeiten sind bzw. warum manches Ihnen so zu schaffen macht. Bei allen Unterschieden haben diese Menschen nämlich alle etwas gemeinsam: es handelt sich bei der Ursache um die besondere Fähigkeit/ Begabung/ Disposition der Hochsensibilität.
Weil die Ausprägungen davon so sehr unterschiedlich und immer individuell geprägt sind, beschreibe ich viele verschiedene Dimensionen davon. Meiner Erfahrung nach wissen die meisten davon betroffenen Menschen gar nicht um ihre besondere Begabung, weil sie das von Kindheit an gewöhnt sind und für völlig „normal“ halten. Jeder von uns meint, dass die anderen genauso „ticken“ wie man selbst. Meistens merken Hochsensible aber doch schon früh, dass sie irgendwie anders sind als die anderen: Die anderen verstehen einen z.B. oft nicht richtig. Den anderen machen Sachen gar nichts aus, die mir zu schaffen machen. Die anderen nehmen vieles gar nicht wahr, was ich wahrnehme... Aber daran haben wir uns von klein auf gewöhnt und bemerken es meist gar nicht mehr. Wir haben sehr früh gelernt, das wegzustecken, zu kompensieren. Irgendwie sind wir immer auch bemüht, möglichst so zu sein wie die anderen und nicht aufzufallen.
Was bedeutet Hochsensibilität für mich?
In den letzten 2 Jahrzehnten wurde erforscht, das hochsensible Personen (HSP) bis zu 40mal mehr wahrnehmen als „normal-sensible“ Menschen und diese Eindrücke bis zu 5000mal schneller verarbeiten können. Das bedeutet, dass sie ständig viel mehr Eindrücke, Reize etc. als andere verarbeiten müssen, ihnen ausgeliefert sind. In der Regel sind sie deshalb damit auch schneller als andere überlastet, überreizt, überfordert. Jeder davon betroffene Mensch hat aber seinen ganz besonderen individuellen Umgang damit entwickelt, um sich zu schützen. Um das erkennen zu können und annähernd für sich selbst herausfinden zu können, haben wir aus verschiedenen Vorlagen und auf Grund unserer eigenen Erfahrungen mit uns selbst und mit anderen Menschen eigene Fragebögen zusammengestellt, die in dem beiliegenden Papier zu finden sind. Durch die Beantwortung dieser Fragen können Sie ein erstes Gefühl dafür bekommen, auf welchen Ebenen und in welchen Bereichen ein hochsensibler Mensch besondere Wahrnehmungsmöglichkeiten haben kann, nicht musss – und deswegen auch besonders viele Eindrücke verarbeiten muss – und ob etwas und ggfs. was davon auf Sie selbst zutrifft.
Hochsensibel zu sein bedeutet also, eine angeborene oder in frühester Kindheit (oder später z.B. durch Traumatisierungen) erworbene Konstitution zu haben, die einem besonders viele und intensive Wahrnehmungen auf ganz verschiedenen Feldern und Ebenen beschert. Nach der amerikanischen Psychologin Elaine Aron, der ersten wissenschaftlichen Erforscherin dieses Phänomens, von dem sie selber auch betroffen ist, für das sie den Begriff HSP (High Sensitive Person bzw. hochsensible Persönlichkeit) geprägt hat, haben ca. 15-20% aller damals (in den 1990er Jahren) von ihr befragten Menschen diese besondere Begabung – wenn auch in sehr unterschiedlichen Ausprägungen/ Varianten. Hochsensible Menschen können bzw. müssen(!) eben wie schon gesagt bis zu 40mal mehr wahrnehmen als andere „normalsensible“ und müssen das alles verarbeiten, weshalb sie oft auch besonders schnell sind, aber auch besonders schnell überlastet sein können.
Wie kann sich das bemerkbar machen?
Auch aus meiner eigenen Erfahrung mit mir selbst und mit anderen hochsensiblen Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Menschen weiß ich, dass die Hochsensibilität sehr verschiedene Erscheinungsformen und Auswirkungen haben kann.
- Sie kann durch die vielen intensiven Wahrnehmungen viele Möglichkeiten eröffnen,
- sie kann dadurch aber auch eine starke Einschränkung sein.
- Es kann einem sehr gut damit gehen, weil man so viel und so intensiv wahrnimmt,
- aber auch sehr schlecht, weil man ständig von Reizen überflutet und damit überreizt wird, ohne sich dagegen wehren zu können.
- Man kann dadurch sehr einfühlsam in andere Menschen sein und ein sehr guter Zuhörer und Gesprächspartner oder
- man kann ständig nur mit sich selbst beschäftigt sein, ein starkes Mitteilungsbedürfnis haben und von sich selbst erzählen, sich selbst im Mittelpunkt erleben, ohne wahrzunehmen, wie es den anderen damit geht, und damit auch besonders wenig Wahrnehmungen für die anderen Menschen haben.
- Es kann eine Hochbegabung auf unterschiedlichen Gebieten damit verbunden sein
- aber auch Einschränkungen wie z.B. Legasthenie, Dyskalkulie, ADS, ADHS…
- Die Hochsensibilität kann sich auf sehr viele Gebiete beziehen
- oder auf wenige einzelne.
- Sie kann stark ausgeprägt sein
- oder schwächer –
- und auch auf verschiedenen Gebieten unterschiedlich.
- Es kann eine Neigung zur Perfektion mit sehr hohen Ansprüchen an sich selbst, denen man eigentlich nie richtig genügen kann, damit verbunden sein
- oder aber auch Unfähigkeitsgefühle, Resignation, Verlust des Selbstwertgefühls
- eine HSP kann besonders fröhlich, lebensfroh sein
- oder aber auch antriebslos, ohne Lebensfreude, scheinbar depressiv,
- kann besonders schnell sein
- oder auch blockiert, handlungsunfähig, wie gelähmt.
- Hochsensibilität kann durch den dadurch ausgelösten Dauerstress zu bestimmten auffälligen Verhaltensweisen und Handlungen, sowie zu Übersprungreaktionen führen, die z.B. als ADS oder ADHS bezeichnet werden,
- das muss aber nicht sein.
- Sie kann mit Linkshändigkeit oder überkreuzten Dominanzen einhergehen und den daraus resultierenden Besonderheiten und Einschränkungen wie z.B. Legasthenie, Dyskalkulie oder anderen Teilleistungsstörungen –
- das muss aber nicht sein.
- Sie kann bei starker Überreizung und Überlastung (insbesondere, wenn nicht integrierte frühkindliche Reflexe vorliegen) abrupte „Übersprung-Reaktionen“ oder „Ausraster“ auslösen... - an die man sich hinterher manchmal gar nicht mehr erinnert,
- das muss aber nicht sein!
So ließen sich noch manche anderen Phänomene finden, auf die aber hier nicht weiter eingegangen werden soll, denn jeder Mensch geht mit dieser besonderen Begabung ganz individuell um. Eine differenzierte Klärung sollte auf jeden Fall in einem persönlichen Beratungsgespräch mit einem erfahrenen Hochsensiblen geschehen.
Welche Strategien haben HSP dadurch entwickelt?
Nun haben wir hochsensiblen Menschen (HSP) uns im Laufe unseres Lebens – wie oben beschrieben – schon von Kindesbeinen an daran gewöhnen müssen, dass unsere Wahrnehmungen anders sind als die anderer Menschen um uns herum. Wir hatten aber meistens die Erfahrung, dass wir nicht verstanden oder sogar ausgelacht wurden, wenn wir als kleine Kinder unsere Wahrnehmungen, inneren Erlebnisse und Erfahrungen noch unbefangen erzählten. So fühlten sich viele von uns schon als kleine Kinder häufig unverstanden und sehr oft einsam, was uns dann das ganze Leben lang begleitet. Wir hatten andererseits aber immer auch das natürliche und oft starke Bedürfnis, doch möglichst gleich zu sein wie die anderen und von diesen auch als Gleiche akzeptiert zu werden, einfach normal dazuzugehören – was aber sehr oft schwierig war und trotz allen Bemühens nicht richtig gelingen wollte.
Deshalb haben wir uns schon sehr früh angewöhnt, – so schwer es auch gewesen sein mag – unsere besonderen Wahrnehmungen nicht nur nicht mehr zu äußern, sondern sie auch wegzuschieben, nicht mehr richtig ernst zu nehmen, zu ignorieren, über sie hinwegzugehen, sie zu leugnen, sie zu unterdrücken, sie gar nicht zuzulassen… So haben wir in vielen Fällen schon als Kind gelernt, unsere besondere Sensibilität nicht nur so weit wie möglich für uns zu behalten, sondern auch sie zu negieren, zu übergehen, weil wir sie als Manko, als Defizit erlebt haben. Je früher diese Verdrängung eingesetzt hat, umso stabiler ist sie als Verhaltensmuster in uns verankert, ist sie habituell geworden. Dadurch finden wir dann als Jugendliche und als Erwachsene das ganz normal – und empfinden und glauben auch nicht, dass es etwas sei, was andere nicht so haben.
Da alle Menschen – so auch die HSP – die Welt und die anderen Menschen in der Regel nach dem eigenen Lebensgefühl und den eigenen Erfahrungen interpretieren, empfinden und glauben wir also, dass alle Menschen so „ticken“ wie wir selbst. Deshalb glauben viele Hochsensible erst einmal gar nicht, dass sie sich wirklich von anderen unterscheiden und dass sie selbst besondere Wahrnehmungsfähigkeiten und dadurch mehr, intensivere und auch andere Wahrnehmungen haben als andere.
Aus alldem ergibt sich, dass es sehr viele und sehr unterschiedliche, jeweils individuell und durch die soziale Umgebung geprägte Mechanismen und Muster gibt, mit der eigenen Hochsensibilität umzugehen. Tendenziell reagieren jedoch die meisten hochsensiblen Menschen eher so, dass sie – wie beschrieben – ihre besonderen Wahrnehmungen und den dadurch ausgelösten Verarbeitungsdruck übergehen oder überspielen – und diese dann irgendwann gar nicht mehr bewusst registrieren. Aber diese ganzen Wahrnehmungen und der Druck, sie zu verarbeiten, bleiben ja trotzdem bestehen, auch wenn sie nicht mehr bis zum Bewusstsein vordringen. Dadurch kommt es mehr oder weniger regelmäßig oder auch dauerhaft zu einer Überlastung des Sinnes-Nervensystems und der Seele mit Wahrnehmungen, Sinnesreizen etc., die sich in der Regel erst seelisch und dann später meistens auch körperlich auswirkt. Meist werden aber dann erst die körperlichen Reaktionen wahrgenommen und oft erst dann, wenn sie nicht mehr zu übergehen sind.
Überlastung als generelle Tendenz bei HSP
Typische körperliche Reaktionen auf Überlastung sind zum Beispiel
- Müdigkeit,
- Abgeschlagenheit,
- Nervosität,
- Überreizung,
- Kopfschmerzen, Migräne(!),
- Bauchschmerzen(!),
- Rückenschmerzen(!),
- Schlafprobleme,
- Überanstrengung,
- Schlappheit,
- Kraftlosigkeit etc.
Typische seelische Reaktionen auf Überlastung sind z.B.
- Hyperaktivität,
- Überarbeitung
- Perfektionismus,
- sich in eigene Welten einspinnen,
- Realitätsflucht,
- Resignation,
- Mutlosigkeit,
- Niedergeschlagenheit,
- Kraftlosigkeit,
- Antriebslosigkeit bis hin zu depressiven Erscheinungen,
- aber auch Überreaktionen wie Gefühlsausbrüche, Zornanfälle,
- Fluchtreaktionen oder
- (totaler) Rückzug/Isolation.
stoffwechselbedingte Mangelerscheinungen
bei Hochsensiblen
Viele dieser Phänomene beschreibt Anne-Barbara Kern in ihrem in vieler Hinsicht für Hochsensible sehr informativen und hilfreichen Blog. Er enthält viele gut recherchierte Ausführungen für verschiedene Aspekte von HSP, so vor allem auch über die Mangelerscheinungen, die durch den erhöhten Nervenstoffwechsel bei HSP auftreten. In verschiedenen speziell darauf abgestellten Blogs beschreibt sie diese Zusammenhänge verständlich und ihre eigenen Erfahrungen mit verschiedenen Therapien, beginnend mit https://hochsensibelsein.de/nahrungsergaenzung-fuer-hochsensible-nerven-teil-1/
Sie erklärt sehr plausibel, dass es durch die besonders hohe Aktivität des Nervensystems der HSP zu bestimmten Mangelerscheinungen kommt, die dann bestimmte Wirkungen im Körperlichen und im Seelischen haben können.
In ihrem Buch „Nahrungsergänzung für hochsensible Menschen – wie du die Reizschwelle deiner Nerven in 3 Schritten deutlich erhöhst und im Alltag leistungsfähiger bist“ wird das mit vielen Beispielen aus der Praxis detailliert beschrieben. Ich empfehle jedem Hochsensiblen dieses Buch zu lesen, um sich auf der körperlichen Ebene stabilisieren zu können.
Anne-Barbara Kern geht davon aus, dass alle Versuche, mit der Hochsensibilität bewusster und damit besser umzugehen, nicht richtig wirksam werden können, wenn der Nervenstoffwechsel überlastet und durch bestimmte Mangelsituationen gestört ist.
oft wird als Krankheit fehlinterpretiert,
was jedoch Reaktionsmuster auf Überlastung und Stress sind
Dies alles sind hier in diesem Zusammenhang der Hochsensibilität jedoch erstmal noch keine Krankheitssymptome, sondern werden hervorgerufen durch eine Überflutung und Überlastung mit Sinnesreizen und Wahrnehmungen, die aber zum größten Teil gar nicht bewusst wahrgenommen werden und deshalb auch nicht adäquat verarbeitet werden können, sich aufstauen und sich dann in einer individuell jeweils spezifischen Weise entladen.
Auch hier gibt es wieder sehr unterschiedliche Reaktionsmuster, wie hochsensible Menschen mit diesen Phänomenen und den eigenen Reaktionen darauf umgehen. Die einen versuchen, trotzdem „ganz normal“ zu arbeiten und zu „funktionieren“ meist mit sehr hohem Einsatz, hohem Anspruch an sich selbst und an die eigenen Leistungen, Perfektionismus, ohne sich zu schonen – bis es eben wieder zu bestimmten der oben angedeuteten Überlastungen und damit verbundenen Ausfallserscheinungen führt – oft ein Leben lang. Sie sind kreativ, leisten besonders viel und intensiv – werden aber immer wieder durch körperliche oder seelische Reaktionen gegen ihren Willen „aus dem Verkehr gezogen“.
Ein anderes, entgegengesetztes Reaktionsmuster ist das Ausgeliefertsein an diese Erlebnisse, so dass diese Menschen sich ständig schwach, krank, überlastet, überfordert, unverstanden, schlecht behandelt etc. fühlen und eigentlich immer geschont werden müssen. Alles dreht sich um die Störungen und (oft scheinbaren, aber individuell intensiv erlebten) „Krankheiten“, für die die Ärzte keine Ursachen finden können. Oft haben diese Menschen eine Odyssee bei verschiedenen Ärzten, Heilpraktikern, Therapeuten, Psychologen, Psychiatern, Psychotherapeuten etc. hinter sich, die aber letztlich alle nicht wirklich helfen konnten. Häufig geht das auch einher mit dem Gefühl, nicht mehr lange zu leben, bald sterben zu müssen. (In der Regel können solche Menschen jedoch uralt werden.)
Wieder andere ziehen sich in sich zurück, polstern sich innerlich und oft auch äußerlich, schotten sich ab, panzern sich, lassen alles, was ihnen zu nahe kommen könnte, nicht an sich heran, sind zum Teil sehr aktiv, leisten viel oder versinken zum Teil in sich selbst und ihren Leiden. Sie sind dann oft auch nicht nur für andere nicht mehr zugänglich, sondern haben auch selber den Zugang zu sich selbst verbaut/verloren. Sie sind ständig innerlich auf der Hut – vor den anderen, aber auch vor sich selbst.
Resümee
Zusammenfassend kann ich sagen: Hochsensible Menschen (HSP) nehmen ganz anders, sehr viel mehr, Anderes und andere Dimensionen wahr als andere Menschen. Es entstehen in ihnen intensive körperliche Empfindungen, Gefühle, Farben, Gerüche, Töne, Worte, Gedanken, Bilder, die sich blitzschnell zu ganzen Filmen ausdehnen können, - um einige häufige Phänomene zu nennen. Sie verarbeiten diese Wahrnehmungen und Reize auch ganz anders als normal-sensible Menschen. Sie sind so erfüllt davon, dass anderes manchmal gar nicht mehr ohne weiteres wahrgenommen werden kann, so dass sie wie abwesend wirken oder sie manches nicht hören, was zu ihnen gesagt wird. Ihre Wahrnehmungswelt ist oft so intensiv, die Reizüberflutung so groß, dass sie in diesem Zustand die normalen alltäglichen Dinge gar nicht richtig erreichen können. Sie nehmen Gedanken und Gefühle in ihrer Umgebung wahr, wissen aber meist nicht, woher diese inneren Erlebnisse kommen. Sie meinen in der Regel erst einmal, dass sie selbst es sind, die diese erzeugen.
Titelbild von lisa runnels auf Pixabay
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